Weitreichende Atemwegsinfektion

Chlamydophila pneumoniae


Die Chlamydophila pneumoniae sind wesentlich verbreiteter als die Chlamydia trachomatis. Die Zahl der infizierten Personen mit Cp. pneumoniae wird auf bis zu 70% der Bevölkerung geschätzt.

Die jährliche Neuinfektionen mit Cp. pneumoniae beträgt 1-2% der Bevölkerung. Das sind alleine in Deutschland ca. 1,5-3 Millionen Neuinfektionen pro Jahr. Davon verlaufen 70-90% dieser Infektionen ohne besondere Erkrankungserscheinung, also asymptomatisch bis symptomlos, was sowohl zu einem chronischen Verlauf führt als auch die Verbreitung der Cp. pneumoniae begünstigt.

Im Laufe des Lebens kommt es zu zahlreichen Reinfektionen. Nach dem 70. Lebensjahr weisen 80-100% der Männer und 70-80% der Frauen Antikörper gegen Cp. pneumoniae auf. Das bedeutet, dass fast jeder Mensch mindestens einmal im Leben eine Cp. pneumoniae-Infektion durchmacht.

Wichtig ist die Unterscheidung zwischen einer akuten Infektion zur einer zurückliegenden Infektion. Die Anzahl der Infizierten mit einer akuten Chlamydophila pneumoniae-Infektion liegt bei ca. 11%.

Bei den Atemwegserkrankungen Heranwachsender scheint Cp. pneumoniae eine bedeutende Rolle zu haben. Eine Cp. pneumoniae-Infektion im Kindesalter kann hypothetisch zu einer chronisch anhaltenden Infektion führen, die eine Ablagerung an Gefäßwänden (in Zusammenhang mit anderen Risikofaktoren) begünstigt. Daraus können sich periphere Durchblutungsstörungen, Verengung der der Herzkranzgefäße, Herzinfarkt oder Schlaganfall entwickeln.

Der Zusammenhang von Cp. pneumoniae und Arteriosklerose (Arterienverkalkung) wird aufgrund von neusten Studienergebnissen kritisch gesehen. Chlamydien führen vermutlich zu Entzündungen, die den Prozess der Gefäßschädigung verstärken.

Die Cp. pneumoniae ist erst vor einigen Jahren entdeckt worden.

Übertragung der Cp. pneumoniae

Eine direkte Verbreitung von Krankheitserregern über die Luft ist etwas Alltägliches und kann überall dort stattfinden, wo Menschen zusammentreffen. Der chronische Verlauf einer solchen Tröpfcheninfektion (Infektion durch Anhusten oder Anniesen) ist eher atypisch und hängt mit der Verfassung des Infizierten (Immunsystem, Stress) zusammen.

Cp. pneumoniae ist eine von tausenden Bakterien, die über eine Tröpfcheninfektion übertragen wird. Des Weiteren können Insekten und Zecken Überträger von Cp. pneumoniae sein. (Bemerkenswert ist, dass viele Menschen mit einer Borrelien-Infektion parallel Cp. pneumoniae und Rickettsien haben.)

Cp. pneumoniae-Infektionen werden heute nicht mehr den Klein- bzw. Haustiere zugeordnet. Die Mikroorganismenstämme gleicher Art (Biovar) werden bei den Cp. pneumoniae wie folgt klar differenziert: Biovar TWAR – Mensch, Biovar Koala – Koala und Biovar Equine – Pferd.

Symptome der Cp. pneumoniae

Eine Cp. pneumoniae-Infektionen verlaufen meist harmlos, können aber auch schwerwiegende – zuweilen lebensbedrohlichen – Verlaufsformen annehmen.

Die schwachen, diffusen Symptome von Cp. pneumoniae rufen primär eine Atemwegsinfektion hervor. Einer nicht erkannten und behandelten Infektion folgen oftmals außerhalb der Lunge liegende langanhaltende und schwerwiegende Erkrankungen. Hierzu gehören: atypische Pneumonie, Bronchitis, chronisch obstruktive Atemwegserkrankungen, Pharyngitis, Sinusitis und reaktive Arthritis.

Es besteht aber auch die Hypothese, dass eine ursächliche Beteiligung an infektionsbedigtem Asthma, Arteriosklerose, akutem Myokardinfarkt (Herzinfarkt), Schlaganfall, Sarkoidose, multipler Sklerose und dem Alzheimer Syndrom durch unbehandelte Cp. pneumoniae-Infektionen stattfindet.

Frau Dr. med. Silke Brockmann beschreibt die Symptome von Cp. pneumoniae ausführlichst.

Chlamydia pneumoniae –

Ein Erreger chronischer, extrapulmonaler Infektionen?


Chlamydiensyndrom von Dr. med. Silke Brockmann

Die in dem Beitrag referierten oder generierten Hypothesen zu Zusammenhängen der Chlamydieninfektionen mit bisher ungeklärten Symptomen oder Syndromen kann ich mit meinen Analysen unterstützen.

Ich überblicke in meinem Patientenklientel seit 1993 mehr als dreihundert Fälle, bei denen eine bestimmte Symptomenkonstellation auftrat und gleichzeitig positive Chlamydien-IgG-Antikörper (Titer zwischen 1:100 und 1:3 200) nachweisbar waren. Die Antikörperbestimmung erfolgte ohne Differenzierung der drei Serotypen (C. psittaci, C. pneumoniae, C. trachomatis). Aufgrund der Beobachtung, dass es bei diesen Patienten zu einer Besserung der Symptomatik unter antibiotischer Behandlung – Doxycyclin oder Erythromycin(-derivate) – kam, habe ich die Hypothese entwickelt, dass es ein Chlamydiensyndrom gibt, das durch folgenden Symptomenkomplex charakterisiert wird:

  • Schmerzen in verschiedenen Gelenken, vorwiegend den kleinen, und zusätzlich in einem oder mehreren, besonders belasteten großen (zum Beispiel Knie, Schulter, rechtes Handgelenk, Hüfte). Die Wirbelgelenke sind im Bereich der HWS oder LWS mitbefallen;
  • Trockenheit der Schleimhäute in Mund, Nase, Augen, Juckreiz der Gehörgänge, Reiz der Harnwege und des Enddarms;
  • Brennen der Augen, Verschwommensehen, Sehverschlechterung;
  • Auftreten von einzelnen juckenden, schuppenden Rötungen der Haut;
  • Reiz der Atemwege (insbesondere Kehlkopf) und Bronchien, chronische Entzündungen in diesem Bereich, Obstruktion der Bronchien, Verkennung als Allergie;
  • Schmerzen im Bereich der Eierstöcke und der Gebärmutter bei Frauen, Verschlimmerung bei der Menstruation, dann auch Auftreten von akutem Blasenreiz oder schockähnlichen Zuständen;
  • „Brennen“ im Magenbereich (manchmal auch dumpfer Schmerz), Blähungen, allgemeines Unwohlsein im „Bauch“ (Peritonealreiz?);
  • Auftreten von „Herzstichen“, Schmerzen in der Herzgegend, Extraschlägen des Herzens;
  • Starke, manchmal unüberwindliche Müdigkeit beziehungsweise Schläfrigkeit (wie bei subakuter Enzephalitis) und gleichzeitiger Nackendruck mit starker Muskelverspannung der HWS (Meningealreizung? Ausdruck der Entzündung der kleinen Wirbelgelenke?);
  • Schmerzen im Bereich von Sehnen, häufige Lokalisation: Oberarme, Fersen (Achillessehnen), Fußsohlen;
  • Schmerzen in mehreren Zähnen.

Die unüberwindliche Müdigkeit war das Symptom, das am häufigsten Behandlungsanlass war. Die übrige Symptomenkonstellation weist Ähnlichkeiten auf zu klinisch definierten Syndromen, wie der Fibromyalgie und dem chronischen Müdigkeitssyndrom.

Nach meinen Messungen geht das vollständige Abklingen der Chlamydiensymptomatik mit negativer Antikörperbildung einher. Die Existenz einer Durchseuchung ohne klinische Bedeutung kann ich aus meinen Daten nicht bestätigen.

Als Infektionsquellen kommen nach meiner Erkenntnis nicht nur exotische Vögel, Hühner und Tauben in Frage, sondern auch Katzen, Kaninchen, häusliche Nagetiere und infizierte Menschen. Auffällig häufig bewohnen Patienten mit positiven Chlamydien-Antikörpern Wohnungen mit Schimmelpilzbefall, sodass darüber nachzudenken wäre, ob sich die obligat intrazellulär wachsenden Chlamydien möglicherweise der Pilze als Wirt bedienen.

Deutsches Ärzteblatt 98, Ausgabe 17 vom 27.04.2001, Seite A-1135 / B-969 / C-909 MEDIZIN zu dem Beitrag von Dr. med. Andreas Essig, Prof. Dr. med. Reinhard Marre in Heft 50/2000


Diagnose und Therapie